Szenepreis (2001)

RealNetworks

Die Auszeichnung geht an RealNetworks für die hintergründige Datensammlung durch ihre Streaming-Media Produkte.
Laudator:
Jens Ohlig am Redner.innenpult zu den BigBrotherAwrds 2001.
Jens Ohlig, Chaos Computer Club (CCC)
CD-Cover in blau-gelb mit der Aufschrift "realplayer7plus".

Die Laudatio von Jens Ohlig im Wortlaut

Der BigBrotherAward der Kategorie "Szenepreis" geht an die Firma RealNetworks in Deutschland vertreten durch die RealNetworks GmbH in Hamburg, für ihr Produkt "RealPlayer".

Fast jedem Netzbewohner sind Streaming-Media-Angebote bekannt, die mit dem RealPlayer als Audio- oder Videodateien abspielbar sind. Der für solche Angebote notwendige RealPlayer ist im Internet frei verfügbar. Hier bedeutet "frei" zunächst, dass die Firma RealNetworks für den privaten Benutzer keine Kosten berechnet, ein Produkt, dass ein mehr an Freiheit gibt, ist der RealPlayer keineswegs.

Gründe

Beim RealPlayer werden und wurden verschiedene Möglichkeiten ausprobiert, um den Benutzer überwachen und sein Netzkonsumverhalten eindeutig zuzuordnen. Bis zur letzten Version des RealPlayers gehörte dazu eine GUID, eine globale User-ID, die sich bei Rechnern mit Netzwerkkarte unter anderem aus Medien-Adresse der Karte berechnet. Hiermit sollte eine noch genauere Identifikation der Benutzer als über IP-Adressen oder ähnliches ermöglicht werden.

In der neusten Version des RealPlayers ist dieses Feature zum Ausspähen zwar nicht entfernt worden, allerdings bei der Standardinstallation ausgeschaltet. Gleichzeitig änderte RealNetworks seine "Privacy Policy" dementsprechend, dass nun Global User-IDs ausdrücklich zu den Daten gehören, die RealNetworks von seinen Kunden bekommen möchte. Versteckt unter anderen Möglichkeiten, den RealPlayer nach Hause telefonieren zu lassen (unter anderem der Sammlung von IP-Adressen und Cookies) wird hier dem Kunden erklärt, dass globale User-IDs in vielen anderen Software-Produkten vorkommen und nur dem Konsumenten zu Gute kommen, da Anbieter damit ja das Programm personalisieren können. Mit der standardmässig ausgeschalteten GUID in der aktuellen Version von RealPlayer ist es auch so eine Sache: Wenn der Anbieter wünscht, dass diese angeschaltet gehört, geht ein Fehlerfenster auf, nebst einer Beschreibung, wie man die Abschaltung der GUID-Übertragung wieder rückgängig machen kann. Der Sinn dieser Botschaft für den Anwender ist klar: Datenschutz ist ein Defekt, den es auszuschalten gilt.

Die Installation von RealPlayer ist ebenfalls ein Geduldsspiel für Anwender, die nicht einsehen, warum sie Daten über sich der Firma RealNetworks zur Verfügung stellen sollten. Die E-Mail-Adresse wird erbeten, um auch in Zukunft über tolle neue Produkte von RealNetworks informiert werden zu können. Das Wegklicken der Felder, die Informationen zum Benutzer erbeten, macht mit Abstand den längsten Teil der Installation aus.

RealPlayer steht leider stellvertretend für eine ganze Reihe von Software, die unbemerkt Daten über den Benutzer preisgibt. Unter dem Stichwort "Spy-Ware" macht sich ein Trend in der Industrie breit, die offensichtlich davon ausgeht, dass ein Benutzer, der schon ein Geschenk bekommt, im Gegenzug auch gerne bereit ist, seine Seele zu verkaufen. Warum werden diese Daten gesammelt? Wegen der Sicherheit? Zum Schutz der Kinder? Um gegen Neonazis und Terroristen gewappnet zu sein? Keins der beliebten Erklärungsmuster aus der Datenkraken-Szene wird hier vorgeschoben. Die Motivation ist schlicht Gier. Jedes Datum, das gesammelt wird, sollte aber erklärt und begründet werden. Wenn eine Firma Software kostenlos verschenkt und darum um so versessener auf die Daten ihrer Kunden ist, so stellt sich die Frage, wo denn das Kerngeschäft des Unternehmens liegt. Datenschutz und die ehrliche Behandlung von Kunden sind kein Luxus, der erst in der Vollversion zu haben ist, sie sind ein Menschenrecht und bei einer seriösen Firma selbstverständlich zu erwarten.

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Laudator.in

Jens Ohlig am Redner.innenpult zu den BigBrotherAwrds 2001.
Jens Ohlig, Chaos Computer Club (CCC)

About BigBrotherAwards

In a compelling, entertaining and accessible format, we present these negative awards to companies, organisations, and politicians. The BigBrotherAwards highlight privacy and data protection offenders in business and politics, or as the French paper Le Monde once put it, they are the “Oscars for data leeches”.

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