6.12.2020 – Update zum BBA 2006

Einführung einer Schüler-ID erfolgreich abgewehrt

Seit 2000 diskutierte die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) die Einführung einer lebenslangen Schüler-Identifikationsnummer. Dabei wurde die Schüler-ID sechs Jahre lang ohne jegliche Dokumentation über konkrete Zwecke und Fragestellungen diskutiert! Nach der BBA-Verleihung 2006 wurde ihre Einführung ausgesetzt.

Die Idee, eine lebenslange Schüler.innen-ID einzuführen, ist schon kritikwürdig genug. Wie die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) dabei vorgegangen ist, war jedoch so nachlässig und ignorant, dass sie den BigBrotherAward redlich verdient haben. 

Schon seit 2000 gab es Bemühungen, schul-statistische Daten zentral zusammenzufassen und personenbezogen, sowohl von Schüler.innen als auch Lehrer.innen, zu erheben. Erfasst werden sollten unter anderen neben Geschlecht und Geburtsdatum auch Angaben über Muttersprache und Staatsangehörigkeit, Konfession, die Schule und den besuchten Unterricht, Förderschwerpunkte (also auffällige Defizite in bestimmten Lernbereichen) und ob jemand Spätaussiedler.in oder Migrant.in ist.

Aber es kommt noch schlimmer: Die Kultusministerkonferenz hatte sich zwar viele Gedanken daüber gemacht, was sie alles wissen wollen. Nicht aber darüber, wofür sie das alles wissen wollen und wie diese Daten zu schützen sind. Es gab keinerlei Dokumentation über konkrete Zwecke und Fragestellungen, die mit Hilfe der gesammelten Daten erfüllt und beantwortet werden sollten! Zugriffs-, Berechtigungs- und Rollenkonzept? Schutz der Kommunikations- und Übertragungswege? Mindestanforderungen an Berechtigungssysteme der Schulsoftware?  Große Leere. Und das bei einem bereits sechs Jahre laufenden Projekt! (Mehr Informationen in der Laudatio)

Nach der Verleihung des BigBrotherAwards

Unser Protest blieb nicht ohne Folgen. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen kündigte bereits im Jahr der BigBrotherAward-Vergabe an, der Einführung der Identifikationsnummer aus Datenschutzgründen nicht zuzustimmen. Auch viele andere Bundesländer setzten die Einführung einer lebenslangen Schüler.innen-ID aus. In Berlin wurde 2009 dann doch noch ein Gesetzesentwurf für die Einrichtung einer automatisierten Schülerdatei erlassen – nach viel Kritik wurde das geplante Gesetz aber zumindest datenschutzrechtlich überarbeitet. Insgesamt hat der BigBrotherAward an die Kultusministerkonferenz und die anschließende Kampagne zusammen mit vielen Menschen im Bündnis „Freiheit statt Angst“ große Erfolge verbuchen können.

Jahr

Über die BigBrotherAwards

Spannend, unterhaltsam und gut verständlich wird dieser Datenschutz-Negativpreis an Firmen, Organisationen und Politiker.innen verliehen. Die BigBrotherAwards prämieren Datensünder in Wirtschaft und Politik und wurden deshalb von Le Monde „Oscars für Datenkraken“ genannt.

Ausgerichtet von (unter anderem):

BigBrother Awards International (Logo)

BigBrotherAwards International

Die BigBrotherAwards sind ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden fragwürdige Praktiken mit diesen Preisen ausgezeichnet.