24.12.2020 – Update zum BBA 2014

Bundesregierung verschärft Vergaberegeln für IT-Aufträge

Die Computer Sciences Corporation (CSC) ist quasi die EDV-Abteilung von CIA, NSA & Co und wurde dennoch regelmäßig von der Bundesregierung für IT-Angelegenheiten beauftragt. Im Mai 2014 verschärfte die Bundesregierung die Vergaberegeln für sensible IT-Aufträge. Im März 2015 hatte dies handfeste Konsequenzen: Die CSC darf von Behörden nicht mehr zur IT-Beratung hinzugezogen werden.

Der BigBrotherAward 2014 in der Kategorie Wirtschaft ging an den IT-Konzern CSC (Computer Sciences Corporation). Diese Firma kannte bis dahin fast niemand. Dabei ist die CSC-Mutterfirma in den USA quasi die EDV-Abteilung von CIA, NSA & Co. Dennoch haben die Bundesregierung und einige Bundesländer dieser Firma IT-Aufträge für wichtige und vertrauliche Infrastruktur gegeben. Das fanden wir unerträglich und haben in der BBA-Laudatio gefordert, dass die Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge geändert werden.

In Deutschland ist die CSC „vertreten durch eine Niederlassung in Wiesbaden, die ‚CSC Deutschland Solutions GmbH‘ und erledigt Aufgaben für die Bundesregierung“ (Laudatio). Die Zusammenarbeit einer privatwirtschaftlichen Organisation mit staatlichen Überwachungsdiensten machte uns skeptisch und wir forschten genauer nach. Je weiter wir uns mit der CSC befassten, desto erschreckender wurde die Zusammenarbeit.

Ab 2003 war CSC beispielsweise in einem keineswegs digitalen, sondern ganz handfesten Geschäftsbereich tätig: Entführungen. Mit ihrer im März 2003 gekauften Tochterfirma DynCorp organisierte die CSC als Generalunternehmer im Auftrag der CIA die Flüge für den verdeckten Transport von gekidnappten Terror-Verdächtigen in Foltergefängnisse – kreuz und quer durch die Welt und außerhalb jeder rechtsstaatlichen Gerichtsbarkeit.

2009 beauftragte das Bundesverwaltungsamt die deutsche CSC mit EDV-Dienstleistungen für Projekte von insgesamt zehn deutschen Bundesministerien. Dazu gehörten das bundesweite Waffenregister, das Meeresüberwachungssystem „Marsur“, das Einrichten von Firewalls für die Marine, der elektronische Personalausweis (nPA) oder De-Mail, der Dienst zur „sicheren“ Kommunikation mit Behörden.

Und noch eine delikate Aufgabe: Die Bundesregierung hatte die CSC beauftragt, den Quellcode des „Staatstrojaners“, der von der Gamma Group programmiert wurde (BBA 2012), auf Einhaltung der Leistungsbeschreibung und der rechtlichen Vorgaben zu prüfen. Die CSC hat damit einen detaillierten Einblick in die Funktionsweise eines Werkzeugs zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern erhalten, den nicht einmal die Bundesregierung selbst hatte.

Es gibt noch viele weitere brisante Informationen – ein Blick in die schriftliche Laudatio oder ihre Videoaufnahme lohnt sich!

Diese skandalösen Informationen ließen für uns nur eine Schlussfolgerung zu „Wir fordern: Die Bundesregierung muss die Verträge mit CSC unverzüglich kündigen!“ (Laudatio)

Erfolg:

Die Reaktionen von Kontaktpersonen aus dem Innenministerium zu unserer Forderung fielen kurz, aber eindeutig aus: „Völlig unmöglich – das wird nicht geschehen.“ Ist es aber doch! Im Mai 2014 verschärfte die Bundesregierung die Vergaberegeln für sensible IT-Aufträge. Am 4. März 2015 hatte das handfeste Konsequenzen für die CSC. Die Süddeutsche Zeitung titelte: „Umstrittener NSA-Dienstleister verliert Ausschreibung“.

Eine als unmöglich eingestufte Veränderung wurde möglich gemacht. Der BigBrotherAward für die Computer Sciences Corporation führte zu einem unserer größten Erfolge überhaupt.

2017 ist die Firma mit einer Sparte von Hewlett Packard Enterprize zu DXC Technology verschmolzen.

Zu Preisträger
Jahr

Über die BigBrotherAwards

Spannend, unterhaltsam und gut verständlich wird dieser Datenschutz-Negativpreis an Firmen, Organisationen und Politiker.innen verliehen. Die BigBrotherAwards prämieren Datensünder in Wirtschaft und Politik und wurden deshalb von Le Monde „Oscars für Datenkraken“ genannt.

Ausgerichtet von (unter anderem):

BigBrother Awards International (Logo)

BigBrotherAwards International

Die BigBrotherAwards sind ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden fragwürdige Praktiken mit diesen Preisen ausgezeichnet.